Als vor Jahren die ersten Planungen zur Errichtung einer großen Biogasanlage in Recke bekannt wurden, gehörten wir Naturschützer zu den begeisterten Befürwortern, und ich hatte keinerlei Bedenken, einem Standort im Außenbereich an der Haarstraße zuzustimmen. Alternative Energien aus nachwachsenden Rohstoffen ohne Nutzung fossiler Brennstoffe, das musste man doch unterstützen! Ich hatte mich mit entsprechenden Anlagen in Süddeutschland befasst, die Grünschnitt von Straßenrändern, organische Abfälle aus Gärten, Schlachthöfen und Hotels verwerteten, um sie zu vergären und die entstehenden Gase in Motoren und Generatoren zur Stromerzeugung zu nutzen. Dass auch Mais hinzugefügt werden musste, ließ sich verschmerzen. Jahrelang besichtigten wir die Anlage mit Schulklassen, um diese Form der vorbildlichen Energieerzeugung aufzuzeigen.

Aber erst nach und nach fiel auf, wie sich die Maisäcker ausbreiteten, immer mehr Wiesen umgebrochen, immer mehr Flächen aus der Stilllegung genommen wurden. Selbst ungünstigste Standorte wurden inzwischen mit Mais eingesät. Ungewöhnliche Koalitionen ergaben sich, als uns Jäger ansprachen, die den starken Rückgang des Niederwildes beklagten, der durch das Verschwinden von Stilllegungsflächen und Grünland verursacht wurde. Dass diese Kleinkraftwerke ausschließlich mit Mais betrieben werden würden, war uns bei der Planung nicht klar gewesen.

Als in Recke eine zweite kleinere Anlage in Steinbeck gebaut wurde, erkundigte ich mich nach den Duchsatzmengen an Mais. Die damals in NRW größte Biogasanlage an der Haarstraße verbraucht pro Jahr etwa 750 Hektar, die neue ungefähr 250 Hektar Mais. 1000 Hektar Mais müssen im kleinen Dorf Recke angebaut werden, nur um den Hunger der beiden Biogasanlagen zu stillen! Und daneben bleibt natürlich der Maisanbau für die konventionelle Futtererzeugung erhalten. Unendlich erscheinende Maisflächen bestimmen unsere einst abwechslungsreiche Landschaft. Und überall werden neue Biogasanlagen errichtet, staatlich subventioniert mit Garantiepreisen für alternative Stromerzeugung.

Vor einiger Zeit besuchte ich einen großen Schweinemastbetrieb, dessen Besitzer auch einer der Betreiber eines nahen Biogaskraftwerks war. Angesprochen auf die Preiskonkurrenz von Futtermais und Mais zur Energieerzeugung, lachte er mich aus: “ Der hochwertige Mais, den ich selbst anbaue, geht subventioniert in die Biogasanlage. Meine Schweine bekommen billigen Maisschrot aus Südamerika!“.

Hier bewirkt der Staat durch eine falsche Förderpolitik die industrielle Zerstörung unserer gewachsenen, vielfältigen Kulturlandschaft, statt sinnvoll die alternative Energiegewinnung mit der Verwertung organischer Abfallstoffe zu verbinden.

 

Rainer Seidl